Gedenkstätten in Celle

Die Stadt Celle hat im Sommer 1990 einen künstlerischen Wettbewerb für die Gestaltung eines Mahnmals zum Gedenken an KZ-Häftlinge aus ganz Europa ausgeschrieben, die vom 8. bis 12. April 1945 in Celle Opfer nationalsozialistischen Terrors wurden. Bei einem Bombenangriff der US-Luftflotte am 8. April 1945 auf den Celler Bahnhof wurde auch ein Zug mit Häftlingen aus dem Außenkommando Salzgitter-Drütte des Konzentrationslagers Neuengamme getroffen, der auf der Fahrt von Drütte nach Bergen-Belsen auf dem Celler Bahnhof neben einem Personenzug der Wehrmacht, einem SS-Lazarettzug und einem Munitionszug hielt. In dem Zug befanden sich 4000 KZ-Häftlinge, die in Salzgitter-Drütte für die ‘Reichswerke Hermann Göring‘ Flakmunition und Bomben hergestellt hatten und in der Nacht vom 7. auf den 8. April aus Drütte ‘evakuiert‘ wurden. Bei dem Bombenangriff kam mindestens die Hälfte von ihnen ums Leben. Nach der ersten Detonation eröffneten die den KZ-Zug begleitenden Wachmannschaften das Feuer auf fliehende Häftlinge. Tagelang zogen SS und SA, Polizei, Volkssturm, Feuerwehrleute und Celler Bürger in Greifkommandos durch die Stadt und schossen entflohene KZ-Häftlinge nieder. Bei der Menschenjagd wurden 1100 lebend aufgegriffen und auf einem Sportplatz zusammengetrieben, 30 von ihnen waren zur Exekution bestimmt. Die Hälfte der Überlebenden mußte zu Fuß nach Bergen-Belsen marschieren, der Rest wurde in eine Celler Kaserne gepfercht. Als die britischen Truppen am 12. April die Stadt besetzten, fanden sie darin einige hundert Tote und Sterbende vor.
Das Mahnmal in den Triftanlagen, welches der Künstler Jonny Lucius aus Bad Neuenahr realisiert hat, wurde am 8. April 1992 eingeweiht. Es stellt ein Quadrat aus Stahl dar, in dessen Mitte eine Buche eingepflanzt ist. Auf einer Seite steht die Widmung:

"Den KZ-Häftlingen aus ganz Europa,
die vom 8. bis zum 12. April 1945 in
Celle Opfer nationalsozialistischer
Unmenschlichkeit wurden.
Eine zusätzliche Gedenktafel informiert über die historischen Zusammenhänge:
Am 8. April 1945 - vier Tage vor der Besetzung
durch alliierte Truppen war Celle das Ziel eines
großangelegten Luftangriffs. Dabei wurde auf einem
Rangiergleis des Güterbahnhofs ein Zug getroffen,
der ungefähr 4000 Männer, Frauen und Jugendliche
aus mehreren Außenlagern des KZ Neuengamme nach
Bergen-Belsen bringen sollte. Als diejenigen Häft-
linge, die den Bomben entgangen waren, sich in
Sicherheit zu bringen suchten, machten Angehörige
der NSDAP und ihrer Formationen, Wehrmacht, Polizei
sowie des Volkssturms im Stadtgebiet und im nahege-
legenen Neustädter Holz Jagd auf sie und richteten
ein Blutbad unter ihnen an. Etwa 500 der Überlebenden
wurden von der SS schließlich zu Fuß nach Bergen-Belsen getrieben."


Mehrere hundert Menschen sind auf dem Waldfriedhof an der Fuhrberger Straße bestattet, die bei dem Bombenangriff am 8. April 1945 ums Leben gekommen sind, darunter über 300 KZ-Häftlinge aus Salzgitter-Drütte. Auf der Gedenkstätte des Friedhofs liegt eine Gedenkplatte mit der Inschrift:

Ruhestätte der Opfer der NS-Gewaltherrschaft

Dahinter stehen drei Holzkreuze ohne Inschrift, auf deren Schicksal es hier keinen Hinweis gibt, sind 56 namentlich bekannt. Auf Antrag der SPD-Fraktion wurden 1989 durch das Garten- und Friedhofsamt zusätzliche Hinweisschilder aufgestellt.
Auf den Vorschlag der SPD-Fraktion von 1988, eine Gedenktafel im Bereich des Celler Bahnhofs anzubringen, reagierte die Deutsche Bundesbahn mit Ablehnung. Als Begründung führte sie an, das Denkwürdige an dem Ereignis vom 8. April 1945 in Celle sei nicht die Bombardierung des Bahnhofs, sondern die Verfolgung und Ermordung der entflohenen KZ-Häftlinge gewesen. Dieses Geschehen stehe in keinem örtlichen Bezug zu den Bahnhofsanlagen.
Unter den auf kommunalen Friedhöfen in Celle beerdigten Opfern der Gewaltherrschaft und des Krieges befinden sich auch ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Auf den Gräberfeldern gibt es keine näheren Hinweise. Im Gebiet der Stadt Celle gab es verschiedene Lager, in denen ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen untergebracht waren. Auch Kriegsgefangene wurden in Celler Betrieben zur Zwangsarbeit eingesetzt.

Aus: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin. [darin: Stichwort "Celle", S. 395-396.], 1996