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Dr. Julius von der Wall
StA Celle
Seit 1903 war Dr. Julius von der Wall (geb. 1872) Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Celle. Mit seiner Frau Else (geb. 1884) wohnte er zunächst Am Großen Plan 26, seit 1907 in der Westcellertorstraße 1. Im Jahr 1908 wurde die Tochter Eva als einziges Kind geboren. 1911 ließ sich die Familie von dem bekannten Architekten Otto Haesler das Wohn- und Geschäftshaus in der Mühlenstraße 25 planen und bauen.
Schon während seiner juristischen Ausbildung war er antisemitischen Ressentiments begegnet. Als er 1912 für das Bürgervorsteherkollegium, den damaligen Stadtrat, kandidieren wollte, ließ Bürgermeister Otto Jordan verlauten, dass in Celle ein Jude für das Amt des Bürgervorstehers nicht geeignet sei. Jordan entschuldigte sich zwar bei der jüdischen Gemeinde, allerdings erst nachdem er die Wahl des Druckereibesitzers Ströher durchgesetzt hatte. - 1913 wurde von der Wall Erster Vorsteher der Celler Synagogengemeinde und blieb es bis 1933.
Im Jahr 1921 nahm von der Wall den Rechtsanwalt Dr. Manfred Herzfeld als Sozius in seine Rechtsanwaltskanzlei auf, die bis 1933 überaus erfolgreich arbeitete. Im Frühjahr und Sommer 1933 aber sah sich Julius von der Wall massiven Bestrebungen ausgesetzt, die seine rechtsanwaltliche Zulassung in Frage stellten. Mit dem "Gesetz über die Zulassung zur Anwaltschaft“ vom 7. April 1933 setzten die Nationalsozialisten gegen etwa 1500 der rund 4000 jüdischen Anwälte ein Berufsverbot durch. Julius von der Wall fiel unter eine Ausnahmeregelung, die Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs schützte. Aber gestützt durch Denunziationen bemühte sich Cellers Oberlandesgerichtspräsident von Garßen, trotzdem ein Vertretungsverbot gegen von der Wall zu erreichen. Erst eine Durchführungsverordnung zum Anwaltsgesetz vom 1. Oktober 1935 verbürgte auch ihm seine Berufsrechte. Die Anwaltskanzlei war allerdings durch die antisemitische Boykotthetze nur noch eingeschränkt zu führen. Von der Wall verkaufte sein Haus in der Mühlenstraße und zog 1934 mit seiner Frau zu seinem Sozius Manfred Herzfeld in eine Mietwohnung in der Schwicheldtstraße 19a.
Eva von der Wall (geb. 1908) emigrierte im August 1933 mit ihrem Mann, Walter Kauffmann (geb. 1909), nach Amsterdam. Sie hatte zunächst bis 1925 das Lyzeum, die Auguste-Viktoria-Schule, besucht, dann die Oberrealschule, das heutige HBG, an dem sie 1928 ihr Abitur machte. Sie studierte in Freiburg, Berlin, Heidelberg, Paris und Hamburg Deutsch, Englisch und Französisch. Mit einer Dissertation über den französischen Romancier Alain-Fourier promovierte sie im Dezember 1932 an der Universität Hamburg. Kurz darauf heiratete sie den aus Hannover stammenden Gerichtsreferendar Walter Kauffmann, der im April 1933 an der juristischen Fakultät der Universität Hamburg promovierte. Das Paar lebte bis zum 30. August 1933 in der Schackstraße 3. Sie lebten vor ihrer endgültigen Übersiedlung nach Amsterdam einige Monate in Paris.
Noch bevor man Julius von der Wall im November 1938 die Ausübung jeglicher anwaltlichen Tätigkeit untersagte, folgten die Eltern ihrer Tochter nach Amsterdam. Doch die Flucht konnte das Ehepaar nicht retten, Julius und Else von der Wall wurden deportiert und wie ihre Tochter Eva in Auschwitz umgebracht, ihr Schwiegersohn Walter Kauffmann starb in Bergen-Belsen. Deren kleine Tochter überlebte versteckt bei Niederländern.
Literatur: Hamann 1986, 183-192; Obenaus 1996b.