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Oskar und Nanny Salomon, ermordet in Auschwitz.
StA Celle
Als "Abwehraktion gegen die jüdische Greuel- und Boykotthetze" im Ausland folgte am 1. April [1933] der Boykott der jüdischen Geschäfte und Anwaltspraxen. Am Morgen dieses Tages bevölkerte eine große Menge Schaulustiger die Innenstadt, um zu beobachten, wie die reichsweit angekündigten Maßnahmen in Celle durchgeführt wurden. Kurz vor 10.00 Uhr marschierten SS-Männer singend zum Polizeigebäude in der Bergstraße, wo einige von ihnen als Hilfspolizisten verpflichtet wurden, die die städtischen Beamten bei der Freihaltung der Straßen für den Verkehr unterstützen sollten.
Unterdessen versammelten sich Angehörige der SA in der Kanzleistraße. Ausgerüstet mit Schildern mit Aufschriften wie "Kauft nicht bei Juden!", bezogen sie sodann Posten vor den als Ziel der Aktion ausersehenen Gebäuden. Auf die Schaufenster malten sie Hakenkreuze, und wenn ein Kunde eines der betroffenen Geschäfte betreten wollte, wurde ihm bedeutet, daß er dies zu unterlassen habe. Dennoch kam es vor, daß Passanten sich nicht abschrecken ließen und auch ohne Kaufabsicht an den SA-Leuten vorbei in einen jüdischen Laden gingen, um zu demonstrieren, daß sie den Boykott nicht für Rechtens hielten. Eine ergreifende Szene spielte sich in der Poststraße ab, wo einem Augenzeugenbericht zufolge der bis zum Anbruch der NS-Herrschaft hochangesehene Kaufmann Oskar Salomon, angetan mit seinem Eisernen Kreuz und dem Verwundetenabzeichen, vor sein Schuhgeschäft trat und einer der dort postierten SA-Männer, der ebenfalls Weltkriegsveteran war, daraufhin verschämt sein Plakat nahm und abrückte. Im großen und ganzen wurde der Boykott jedoch befolgt und verlief ohne Zwischenfälle.
Aus: Bertram 1992, S. 188 f.