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Fachwerkhäuser Im Kreise 21–25; die Synagoge befindet sich hinter den beiden Gebäuden in der Mitte
Fachwerkhäuser Im Kreise 21–25; die Synagoge befindet sich hinter dem dritten und vierten Gebäude von links
CC BY-SA 4.0/Rendor Thuces Al'Nachkar

Vermutlich traf am 10.11. um zwei Uhr früh in der Geschäftsstelle der SA-Standarte 77 (Mühlenstraße 12) der Befehl zum Angriff ein. Daraufhin wurde die Celler SA alarmiert und aufgefordert, um 3.00 Uhr in Zivil am Feuerwehrgerätehaus in der Bergstraße, also in der Innenstadt in unmittelbarer Nähe zur Synagoge, anzutreten. Die noch verbliebenen jüdischen Geschäfte sollten zerstört und die Synagoge »ausgeräuchert« werden.
Gegen 2.30 Uhr wurde an das Schlafzimmerfenster des Feuerwehr-Gerätewarts geklopft. Fünf oder sechs Feuerwehrleute, die gleichzeitig der SA angehörten, verlangten nach Äxten und Beilen. Man wolle die Juden »hochgehen« lassen. Der Gerätewart wollte dieser Forderung jedoch ohne "Befehl von oben" nicht nachkommen, und so rief er den Wehrführer an, nachdem ihn die SA-Leute dazu gedrängt hatten. Dieser gab die telefonische Weisung, die Garagentore zu öffnen und fügte hinzu, die Leute könnten sich dann ja selbst bedienen.
Während sich die SA in der Bergstraße sammelte, wurde bei ihrer Geschäftsstelle in der Mühlenstraße ein PKW mit Kanistern und Fackeln beladen. Dem Fahrer, Rechtsanwalt Kurt Blanke, war um 2.20 Uhr "telefonisch vom Obersturmbannführer Martensen von dem Befehl Kenntnis gegeben, daß sämtliche jüdische Geschäfte zerstört und die Synagogen verbrannt werden sollten. Blanke wurde aufgefordert, seinen Wagen mitzubringen, um Fackeln, Benzin und Beilpicken zum Sammelplatz zu fahren. Dieses hat Blanke auch getan." [Nds. HStA Hannover: Nds. 171 Lüneburg (Entnazifizierungsakte Dr. Kurt Blanke), BI. 21-25. Bei Ulrich Hamann: Das Oberlandesgericht Celle im Dritten Reich - Justizverwaltung und Personalwesen, in: Oberlandesgericht Celle: Festschrift zum 275jährigen Bestehen des Oberlandesgerichtes Celle, Celle 1986, ist auf S. 193 nachzulesen, daß Blanke am Telefon keine Einzelheiten genannt wurden. Auch in der Entnazifizierungsakte findet sich diese Aussage Blankes (z.B. BI. 6 vom 30.11.1945) - allerdings ist diese Behauptung zumindest kritisch zu hinterfragen. Dasselbe gilt für die Angabe Blankes, er sei zu dem Platz »Im Kreise« gefahren »in der Annahme, daß dort wieder einmal eine Bücherverbrennung oder ähnliches beabsichtigt sei« und die Darstellung, daß Blankes Einsatz für beendet erklärt wurde, nachdem er an der Synagoge angekommen und sein Wagen entladen worden war und Blanke es erst vor seiner Rückfahrt mitbekommen habe, daß die Synagoge angezündet werden sollte. (Hamann 1986, S. 193) In der Entnazifizierungsakte Blankes heißt es hierzu:

"An diese [die wartenden SA-Leute] wurden die Fackeln verteilt. Ich folgte ihnen mit meinem Wagen und stellte fest, dass die Synagoge, deren Lage mir bis dahin nicht bekannt war, aufbrachen und in Brand setzten. Allerdings wegen der Feuergefahr für die benachbarten Häuser bald wieder löschten. Auf der Rückfahrt nach Hause ..." (Nds. HStA Hannover: Nds. 171 Lüneburg [Entnazifizierungsakte Dr. Kurt Blanke], Bl. 8 [Erklärung Blankes vom 20.10.1945]) Bei Bertram, der Hamann zitiert, fehlt interessanterweise der Name des Fahrers. Vgl. auch den Abschnitt 'Zivilcourage'.]

Am Sammelplatz »Im Kreise« wurde das Material von den bereits wartenden SA-Männern entgegengenommen.

Maibaum 1998, S. 14 f.